Aktuelle Entscheidungen zum Verwaltungsbeirat – August 2017

Heute möchten wir Ihnen aktuelle Entscheidungen zum Verwaltungsbeirat vorstellen. 

AG Halle (Saale), Urteil vom 26. Januar 2017 – 122 C 2318/16 –

eigener Leitsatz: Ist die Jahresabrechnung fehlerhaft und wird diese angefochten, ist auch stets die Entlastung des Verwaltungsbeirats und des Verwalters anfechtbar.

Das Amtsgericht Halle hatte sich im Rahmen einer Anfechtungsklage in Bezug auf die Jahresabrechnung gleichzeitig mit der Anfechtung der Entlastung des Verwaltungsbeirats und WEG- Verwalters zu beschäftigen. Ist die Jahresabrechnung fehlerhaft, kommen stets Haftungsansprüche gegen den WEG-Verwalter und den Verwaltungsbeirat in Betracht, sodass diese Beschlüsse ebenfalls nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und anfechtbar sind.

Die Beschlüsse über die Entlastung des Verwalters (TOP 3b) und des Verwaltungsbeirates (TOP 4) waren für ungültig zu erklären, da es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht (§ 21 Abs. 4 WEG) den Verwalter und den Verwaltungsbeirat zu entlassen, wenn noch Ansprüche gegen beide in Betracht kommen und auch kein Grund ersichtlich ist, auf diese Ansprüche zu verzichten (vergleiche Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.12.2009, Az. V ZR 44/09). Vorliegend ist der Verwalter verpflichtet, die Einzelabrechnungen für das Kalenderjahr 2015 neu zu erstellen, der Verwaltungsbeirat hat diese sodann noch zu prüfen (vergleiche § 29 Abs. 3 WEG). Erst im Anschluss daran kann eine Entlastung erfolgen.
(AG Halle (Saale), Urteil vom 26. Januar 2017 – 122 C 2318/16 –, Rn. 78, juris)

LG Frankfurt, Beschluss vom 03. April 2017 – 2-13 S 85/16 –, Rn. 16, juris

eigener Leitsatz:

  1. Verwaltungsbeirat kann WEG-Verwalter nicht zur Führung von Aktivprozessen bevollmächtigen. Es bedarf eines Beschlusses der Eigentümerversammlung
  2. Eine Ermächtigung des WEG-Verwalters zur Führung von Aktivprozesses kann der Verwaltungsbeirat nicht wirksam vornehmen.

Das Landgericht Frankfurt hat entschieden, dass ein im Verwaltervertrag vorgesehene Ermächtigung zur Führung eines Aktivprozesses (Klage der WEG gegen einen Dritten / Eigentümer) einer besonderen Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft bedarf. Eine Unterzeichnung und Ermächtigung im Rahmen des Verwaltervertrages ist unwirksam.  Eine ohne Ermächtigung erhobene Klage oder ein eingelegtes Rechtsmittel ist unzulässig. Auch die spätere Ermächtigung des Verwaltungsbeirats ändert daran nicht. Diese ist nicht ausreichend und kann einen Beschluss der Eigentümer nicht ersetzen.

Eine Ermächtigung für die Führung des vorliegenden Aktivprozesses ist weder durch Vereinbarung noch durch Mehrheitsbeschluss erteilt. Eine entsprechende Vereinbarung der Wohnungseigentümer ist mangels Vortrags hierzu nicht ersichtlich. Soweit im klägerischen Schriftsatz vom 09.02.2017 eine Ermächtigung auf den Beschluss der Eigentümer vom 26.07.2012 zu TOP 5 über die Verwalterbestellung vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2014, auf die Verlängerung des Verwaltervertrages bis zum 31.12.2014 und dessen Genehmigung im Beschluss der Eigentümerversammlung vom 28.08.2013 zu TOP 7 und die in dem Verwaltervertrag vom 30.12.2010/05.01.2011 enthaltene Regelung zu § 2 (v) sowie die Emails des Verwaltungsbeirats vom 03.12.2015 und vom 04.12.2015 gestützt wird, ist dies untunlich. Zwar kann eine Ermächtigung nach § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG auch im Verwaltervertrag erfolgen. Erforderlich ist aber, dass die im Verwaltervertrag erteilte Ermächtigung nach § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG vom Beschluss gedeckt ist, etwa dass die Vollmacht des den Verwaltervertrag Abschließenden auch zur Ermächtigung nach Nr. 7 berechtigt, oder dass eine ohne Vertretungsmacht im Verwaltervertrag erteilte Ermächtigung durch Beschluss der Wohnungseigentümer genehmigt wird (§§ 180 S. 2, 177 BGB; vgl. Bärmann, WEG, 13. Auflage, § 27, Rn. 262). Keine dieser Voraussetzungen ist indes im Streitfall erfüllt. Denn die Auseinandersetzung der Parteien datiert nach dem 31.12.2014. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids wurde am 22.12.2015 gestellt; die Anspruchsbegründung durch Rechtsanwalt … stammt vom 25.02.2016, so dass sie nicht mehr vom Beschluss vom 28.08.2013 erfasst ist, der lediglich den Zeitraum bis zum 31.12.2014 erfasste.
(LG Frankfurt, Beschluss vom 03. April 2017 – 2-13 S 85/16 –, Rn. 16, juris)

 

LG München I, Beschluss vom 17. März 2017 – 36 S 22212/15 WEG –

Das Landgericht hatte über einen Antrag auf Verpflichtung zu Instandsetzungsmaßnahmen zu entscheiden. Dabei hatte der Eigentümer beantragt, dass der Beschluss zur Erneuerung der Fenster und Eingangstüren einer Teileigentumseinheit gefasst wird. Dazu sollten 2 Angebote eingeholt werden und „der günstigste Bieter, in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat“ vom WEG-Verwalter beauftragt werden. Unabhängig von den rechtlichen Schwierigkeiten zur Durchsetzung eines solchen Verpflichtungsbeschlusses war der Anspruch deshalb nicht gegeben, weil der Antrag eine Auftragserteilung durch den WEG-Verwalter in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat vorsah. Eine solche Verlagerung der Kompetenzen entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

eigener Leitsatz:

  1. Die Verlagerung der Entscheidung über die zu beauftragende Firma zur Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen kann im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht auf den WEG-Verwalter unter Einbindung des Verwaltungsbeirates erfolgen. Es bedarf hier immer einer Entscheidung der Eigentümer.

Der Beschlussantrag sollte lauten:

2. den in der Wohnungseigentümerversammlung vom 17.03.2014 zu Tagesordnungspunkt 12 gefassten Beschluss „Die Gemeinschaft beantragt und beschließt, die Fenster und die Eingangstür der Teileigentumseinheit Nr. 19 (ET Herr M.) mit Kosten in Höhe von max. € 9.100,– brutto erneuern zu lassen. Der Leistungsumfang ergibt sich aus dem Angebot der Fa. S Fensterbau. Es werden 2 Vergleichsangebote angefordert und der günstigste Bieter erhält, in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat, den Auftrag zur Durchführung der Maßnahme. Die Finanzierung der Gesamtkosten in Höhe von max. € 9.100,– brutto erfolgt durch Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage, verteilt nach 1.000stel Miteigentumsanteilen. Stimmen Ja = 22,0000 Stimmen; Nein = 762,0700; Enthaltungen=0,0000 mehrheitliche abgelehnt“ für ungültig zu erklären;
(LG München I, Beschluss vom 17. März 2017 – 36 S 22212/15 WEG –, Rn. 14, juris)

Die dann kurze Stellungnahme des Landgerichts zum Thema:

2.2 Gleichwohl entspricht die Ablehnung des Beschlussantrags zu TOP 12 ordnungsgemäßer Verwaltung:

Durch diesen wird die Entscheidung über die Auftragsvergabe in unzulässiger Weise auf den Verwalter in Absprache mit dem Verwaltungsbeirat delegiert.

Die notwendigen Entscheidungen über das “ „Ob“ “ und “ „Wie“ “ von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hat die Eigentümerversammlung grundsätzlich selbst zu treffen (vgl. beispielsweise LG München I, 28.06.2007 – 1 T 2063/07, juris Rn. 32; LG Hamburg, 21.10.2015 – 318 S 3/15, juris Rn. 49).

Die Formulierung, es sei das günstigste Angebot zu nehmen, ist insbesondere nicht so bestimmt, dass die Verwaltung und der Verwaltungsbeirat insoweit nur eine Entscheidung der Eigentümerversammlung ohne weitere Ermessensausübung umsetzen müssten. Denn bei der Auswahl des Angebots ist nicht unbedingt das billigste Angebot zu nehmen, sondern ähnlich dem Vergaberecht das wirtschaftlichste und bei objektiver Betrachtung vernünftigste. Insoweit haben die Eigentümer einen Beurteilungsspielraum und ein Ermessen, das ihnen nicht genommen werden darf.

 

AG Köln, Urteil vom 06. März 2017 – 202 C 114/16 –

eigener Leitsatz: Nichteigentümer kann nicht Mitglied des Verwaltungsbeirats sein.

Das Amtsgericht Köln hat im Rahmen einer ANfechtungsklage entscheiden, dass ein Nichteigentümer nicht im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung als Beiratsmitglied bestellt werden kann. Ein entsprechender Beschluss ist anfechtbar., wohl aber nicht nichtig.

 

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TOP 7 (Neuwahl des Verwaltungsbeirats)

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Der Beschluss über die Neuwahl des Verwaltungsbeirats und die Wahl von Frau Q. zur Vorsitzenden widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Denn der Beirat besteht gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 WEG aus einem Wohnungseigentümer als Vorsitzenden und zwei weiteren Wohnungseigentümern als Beisitzern. Frau Q. ist unstreitig nicht Eigentümerin. Die Wahl Außenstehender kann nur durch Vereinbarung zugelassen werden (Jennißen/Hogenschurz, Kommentar zum WEG, 4. Aufl., § 29 Rz. 9). Auch wenn Frau Q. bereits seit vier Jahren im Beirat tätig ist und Kompetenz zur Ausübung dieses Amts besitzt, ist der Kläger nicht gehindert, den Mangel der fehlenden Eigentümereigenschaft nunmehr zu rügen.
(AG Köln, Urteil vom 06. März 2017 – 202 C 114/16 –, Rn. 25, juris)

LG Hamburg, Urteil vom 21. September 2016 – 318 S 51/16 –

eigener Leitsatz: Verwaltungsbeirat kann eigene Bestellung durch Anfechtungsklage erfolgreich anfechten.

Das Landgericht Hamburg hatte einen kuriosen Fall zu entscheiden. Ein sich zur Wahl stellender Verwaltungsbeirat hat selbst nach erfolgreicher Beschlussfassung die Wahl zum Verwaltungsbeirat angefochten. Dies obwohl er der Beschlussfassung selbst zugestellt hat. Das Landgericht Hamburg gab ihm dennoch Recht. Für eine Anfechtungsklage ist es regelmäßig unerheblich, ob der betroffene Eigentümer selbst die Beschlussfassung unterstützt hat.

 

Da das Anfechtungsrecht nicht allein dem persönlichen Interesse des anfechtenden Wohnungseigentümers oder dem Minderheitenschutz dient, hat der Kläger sein Anfechtungsbefugnis auch nicht dadurch verloren, dass er dem Beschlussantrag, der unter anderem seine Bestellung zum Verwaltungsbeirat beinhaltete, auf der Eigentümerversammlung zugestimmt hat. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht grundsätzlich auch für den Eigentümer, der dem angefochtenen Beschluss zugestimmt hat (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.12.2002 – 11 Wx 6/02, ZMR 2003, 290, Rn. 10, zitiert nach juris; BayObLG, ZMR 1994, 279, 280 und NJW-RR 1997, 715, 717; OLG Hamm NJW-RR 1997, 970). In der Zustimmung zu dem Beschlussantrag auf der Eigentümerversammlung liegt kein Verzicht auf das Anfechtungsrecht (Jennißen/Suilmann, WEG, 4. Auflage, § 46 Rdnr. 23).

Eine Anfechtungsbefugnis des Wohnungseigentümers besteht allerdings nicht, wenn die Gültigkeit des Beschlusses nur wegen eines Verfahrensmangels in Frage gestellt wird und der Antragsteller dem Beschluss zugestimmt hatte, obwohl ihm der Verfahrensmangel schon in der Versammlung bekannt war. Ficht der Wohnungseigentümer in einem solchen Fall den Beschluss an, setzt er sich mit seinem früheren Verhalten in Widerspruch. Die Geltendmachung des Anfechtungsrechts ist dann als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässig anzusehen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05.12.2002 – 11 Wx 6/02, Rn. 11, zitiert nach juris). Zutreffend hat das Amtsgericht dazu ausgeführt, dass nicht ersichtlich ist, dass die Frage der Beschlussfähigkeit bzw. der Wirksamkeit der Bevollmächtigung des WEG-Verwalters durch sieben Miteigentümer bereits Gegenstand der Erörterungen auf der Eigentümerversammlung war und der Kläger trotz des ihm bekannten Verfahrensmangels mit ja gestimmt hat. Die Beklagten machen dies auch nicht in der Berufungsinstanz geltend.
(LG Hamburg, Urteil vom 21. September 2016 – 318 S 51/16 –, Rn. 16, juris)